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Die Otto-Kataloge sind großartige Geschichtsbücher der Alltagskultur. Pardon, waren - denn gerade ist der letzte "Dicke", wie er beinahe liebevoll genannt wurde, verschickt worden. Nach 68 Jahren ist Schluss. Rund 95 Prozent der Kunden bestellen inzwischen sowieso online. Für den Rest, der jetzt vielleicht nicht mehr die Welt versteht, hat Otto ein Krisentelefon eingerichtet.
Der erste Katalog hatte 14 Seiten und war mit Kordeln gebunden; in die 300 Exemplare hatte Firmengründer Werner Otto Fotos von 28 Paar Schuhen eingeklebt. Von Hand. Verkaufshit war der Damenschuh "California" für 30 Mark. Von Anfang an konnte man bei Otto auf Rechnung zahlen, das gab es sonst bei keinem anderen Versandhaus. Werner Otto fand es unseriös, seinen Kunden an der Haustür Geld abzunehmen.
Wieso der Katalog ab 1950 sukzessive zum Kult wurde, ist wohl seinem Versprechen einer besseren Zukunft zu verdanken - und vielleicht auch ein wenig den Seiten mit den Miederwaren.
Im Otto-Katalog zu blättern war ein Familienritual, jedenfalls meistens. Manche Männer räumen ein, dass sie als Jungen vor allem die Unterwäscheseiten studiert haben und dort viele Fragen beantwortet fanden. Wenn Frauen Fragen hatten, konnten sie an den "Miederberatungsdienst" in Hamburg schreiben. Da saß "Frau Marion" und half.
Natürlich zierten auch immer wieder Berühmtheiten den Otto-Katalog. Und selbstverständlich rankten sich viele Geschichten und Legenden um ihn. Letztlich bleibt aber die Erkenntnis:
Bevor man überallhin billig fliegen konnte, bevor es das Internet gab, war der Katalog das Schaufenster zur Welt. Aber die Welt hat inzwischen so viele Schaufenster.
Vielleicht ändert sich das eines Tages wieder und in 60 Jahren gibt es ihn wieder, den Otto-Katalog.
Quelle: Claudia Fromme Bild: Otto sueddeutsche.de
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