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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Sonntagabend, Telefonat mit dem Bruder in Paris.
Der sitzt dort mit seiner Familie im Lockdown, geht einer geregelten Arbeit ohne viel Tagesfreizeit nach und bräuchte langsam mal wieder einen guten Buchtipp (mittlerweile liest er sogar Siegfried Lenz noch mal). Ich war ratlos.
Konnte ich ihm wirklich guten, unironischen Gewissens die neue Dorothee Elmiger empfehlen? Oder meine persönlichen Aufreger des zu Ende gehenden Sommers, Roberto Bolaño und Marius Goldhorn? Bücher, die ich nicht mal ungebrochen mir selbst empfehlen würde? Wohl kaum. Oder zumindest nicht, ohne zu riskieren, dass er mich nie wieder fragen würde (was wiederum auch nicht so dramatisch wäre).
Mein Blick fiel unaufgeregt auf einen Bücherstapel, auf dem Dany Lafferières "Ich bin ein japanischer Schriftsteller" (Wunderhorn, aus dem Französischen von Beate Thill) oben lag. Das Buch hatte mich sofort interessiert, sobald ich kapierte, dass Dany Lafferère natürlich kein japanischer, sondern ein 1953 auf Haïti geborener, inzwischen in Montreal lebender Autor solcher Toptitel wie "Comment faire l'amour avec un nègre sans se fatiguer" (auch auf Englisch verfilmt) oder "Tagebuch eines Schriftstellers im Pyjama" war. Sein neues Buch erinnerte mich von außen irgendwie an César Aira - auch so ein mala scrittura-Titler (aktuell: "Die Wunderheilungen des Doktor Aira"), den ich grundsätzlich bewundere und von dem ich aber leider noch kein einziges Buch zu Ende geschafft habe (letzter Versuch: "Was habe ich gelacht" - eher nicht!).
Ich beschloss, Dany Laffèriere eine Chance zu geben. Das Buch geht super los. Fauler Autor macht seinem Verleger einen Titelvorschlag: "Ich bin ein japanischer Schriftsteller" (weil er Murakami und Bashô toll findet, aber natürlich noch nie auch nur in Japan gewesen ist). Verleger ist sofort begeistert, Autor beginnt mit dem Schreiben (also: Scheitern): Nichts entsteht, aber er lernt immerhin einen Koreaner und eine japanische Künstlerin kennen. In Japan löst aber allein schon die Buchankündigung einen Megahype und eine Staatskrise aus. Warum eigentlich, kapiert eher keiner.
So weit, so na ja. Was mich trotzdem beeindruckte, war, wie gut auch hier wieder ein Autor über sein Scheitern als Autor schreiben kann:
Der Titel bleibt, denn wenn man einen guten Titel hat, folgt der Rest von selbst. Man muss gar nichts tun. Das ist nicht so einfach. Eine aussterbende Kunst. Nicht einmal ein guter Mittagsschlaf gelingt noch richtig. Oder zuzulassen, dass nichts passiert. Ein Film oder ein Buch fangen immer gut an. Am Anfang ist da eine Energie. Aber nach dem ersten Viertel geht es schief, jedes Mal aus dem gleichen Grund: Man lässt den Dingen nicht ihren natürlichen Lauf. (...) Übrigens mag die Literatur auch keine Leute, die wie Armleuchter vor der Maschine sitzen und warten, bis etwas kommt. Ich gehe hinaus, um Luft zu schnappen. (...) Ich schreibe auch schnell. Vielleicht schlecht, aber immer schnell. Ich behaupte, der beste Sprinter meiner Generation zu sein. Man sollte mir aufs Wort glauben, denn nicht jeder hat so viel Mut. Zu sagen, er sei der Beste. In anderen Berufen geht das, aber nicht in der Literatur. (...) Schriftsteller ... verlieren sich im künstlerischen Ungefähr, wenn man ihnen von Ranglisten spricht. (...) Der naive Glaube, dass Kunst sich keinesfalls im Sportzentrum abspielt. Aber der Künstler muss trainieren. Schon schwitze ich.
Das scheint das zu sein, was immer noch geht, wenn gar nichts mehr geht: die Rettung der Autofiction aus dem Geist der Antifiction. Wirklich umgehauen hat mich der Rest der kurzkapiteligen, eher unkapriziösen Handlung dann aber bei aller Sympathie mit dem Autor leider nicht.
Und deswegen konnte ich meinem Bruder am Ende unseres Telefonats auch nur was auf Netflix empfehlen: Denn wer in diesen Tagen die wahre Autofiction-Challenge will, muss sich ebenso leider (weil nervenaufreibend, mit dem Finger auf der Fastforward-Taste) Charlie Kaufmans aktuellen Psychothriller "i'm thinking of ending things" ansehen - immerhin nach einem Roman von Iain Reid. Unzuverlässige Erzähler sind ein Scheiß gegen dieses Schneelabyrinth einer "Handlung" (mit Spoilerwarnung hier in der LA Times besprochen). - Erste Reaktionen eines befreundeten Autorenkollegen sind Warnhinweise: "Nach zwanzig Minuten wollte meine Freundin den Fernseher aus dem Fenster schmeißen und ich beim Nachbarn klingeln, um jemanden zu verprügeln... - wir haben dann lieber Dancing with the stars geguckt."
Trailer anbei, auf eigene Verantwortung!
Quelle: Charlie Kaufman Bild: privat EN www.youtube.com
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