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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Vor einigen Tagen veröffentlichte der Journalist Georg Mascolo eine Selbstkritik in der Süddeutschen Zeitung, die gerne auch auf piqd hätte empfohlen werden können (hier via Blendle). Er schreibt dort über eigene Versäumnisse, den Wandel der journalistischen Fehlerkultur und zu viel Leichtfertigkeit bei der Übernahme oder Verwendung von Begriffen:
Zu oft wird ungeprüft übernommen, voneinander abgeschrieben, es werden nicht einmal die einfachsten handwerklichen Regeln der Überprüfung eingehalten. Bequemlichkeit und Herdentrieb ersetzen die Recherche. In diesen Tagen ist oft von „Handelskriegen“ zu lesen, dabei ist es ein Streit. Nur Krieg ist Krieg. Dinge sind „völlig unklar“ oder „völlig offen“, aber was bedeutet die Steigerung eines Zustands, der sich doch gar nicht steigern lässt?
Ein weiteres, aktuelles Beispiel thematisiert Thomas Fischer im gepiqten Text. Es geht um den Jahresbericht "Beziehungsgewalt" des Bundesfamilienministeriums und über die anschließende Berichterstattung, die sich ausführlich mit der häuslichen Gewalt gegen Frauen befasst. Fischer schreibt: "Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Alarmgeheul sachlich gerechtfertigt ist, die Ergebnisse der Untersuchung also zutreffend eingeordnet sind." Hierfür liefert er starke Argumente und kritisiert etwa zu Recht die Inflation eines Gewaltbegriffs, der nicht mehr deutlich zwischen körperlicher und struktureller Gewalt unterscheidet. Wichtiger aber ist ihm ein anderer Punkt: Während das Thema häusliche Gewalt gegen Frauen "künstlich aufgepeppt" werde, schweige man über diejenigen, die viel stärker unter dieser Gewalt litten: Kinder unter zehn Jahren.
Quelle: Thomas Fischer Bild: spon spiegel.de
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Wirklich ärgerlich - gerade wenn man nur die entsetzen Überschriften gelesen hat, fühlt man sich wirklich verarscht.
Warum nicht einfach nur den Terminus "Beziehungsgewalt" benutzen.
Aber klar - wenn dann nicht bezahlter Unterhalt auch unter "Gewalt" verbucht wird, dann ist es auch schon egal. Mir ist schon klar, dass nicht oder zu spät gezahlter Unterhalt sehr wohl eine "gewaltvolle" Aktion sein kann und ich habe mehrere Fälle im privaten Umfeld, in denen das auch so war. Trotzdem ist das Führen dieses Tatbestandes in einer Gewaltstatistik natürlich saudumm und es ist ärgerlich, dass ausgerechnet Thomas Fischer das journalistisch "markieren" muss.