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Anne Hahn, in Magdeburg geboren, lebt seit 1990 in Berlin. Studium der Kunstgeschichte/Geschichte in Berlin und Florenz. Seit 1999 Porträts, Reportagen und Rezensionen in verschiedenen Medien. Buchveröffentlichungen u.a.: "Satan, kannst du mir nochmal verzeihn - Otze Ehrlich, Schleimkeim und der ganze Rest" (mit Frank Willmann) Ventil Verlag 2008, "Pogo im Bratwurstland: Punk in Thüringen" LzfpB, 2009, „DreiTagebuch“ Roman, „Gegenüber von China“ Roman, beide Ventil Verlag, 2014, "Das Herz des Aals", Roman, Ventil Verlag 2017, "Mitten drin - Fußballfans in Deutschland" BfpB, 2018, "Vereint im Stolz - Fußball, Nation und Identität im postjugoslawischen Raum", BfpB 2021
Ebbes Gesicht ist zerbrechlich und hat schon an vielen Stellen Sprünge, und vielleicht ist es verbraucht, bevor er vierzig ist.
Vor ein paar Jahren lasen wir in unserem Lesezirkel den Roman "Sucht" der dänischen Autorin Tove Ditlevsen. 1980 erschien der dritte Teil der Lebenserinnerungen Gift (Dänisch für "verheiratet" und "Gift") als Suhrkamp Taschenbuch, ins Deutsche übertragen von Erna Plett. Ich weiß noch, mit welcher Wucht mich Sätze wie der zitierte umhauten. Ditlevsen beschreibt ihr Leben als junge Autorin in Kopenhagen. Als Ich-Erzählerin in der Gegenwart. Gerafft und pointiert, die Mehrdeutigkeit schält sich aus der Sprache. Nicht Ebbes Gesicht ist das Zerbrechliche nach gut 100 Seiten, sondern ihre Ehe mit diesem, ihrem zweiten Ehemann.
Gerade erschien die Kopenhagen-Trilogie Tove Ditlevsens erstmals vollständig auf Deutsch, übertragen von Ursel Allenstein. "Der Kindheit kann man nicht entkommen, sie hängt an einem wie ein Geruch." Schreibt Tove Ditlevsen mit dem Abstand von einigen Jahrzehnten. Die ersten beiden Teile Kindheit und Jugend erscheinen 1967 in Dänemark, der dritte 1971. Da wird sie noch fünf Jahre leben, ein Selbstmordversuch 1974 scheitert, der letzte glückt. Tausende Menschen verabschieden die Schriftstellerin mit einem Trauermarsch durch Kopenhagen, wo sie im Arbeiterviertel Vesterbro aufwuchs. Sie erzählt von der Hinterhauswohnung, ihrem vier Jahre älteren Bruder Edvin und den Eltern, den Freundinnen und Nachbarn, den Verwandten und Lehrern, vor ihnen allen trägt das Mädchen die Maske der Dummheit.
... ich träume immer davon, einen geheimnisvollen Menschen zu treffen, der mir zuhört und mich versteht. Ich weiß aus Büchern, dass es solche Menschen gibt, aber kein einziger davon lebt in der Straße meiner Kindheit.
Ich las die drei Bände in einem Rutsch – und war begeistert, bis zum Erreichen des Nachwortes am Ende des ersten Bandes – welches mit einer biografischen Nacherzählung vorwegnimmt, was die Leserin sich in den folgenden zwei Bänden erlesen möchte, ärgerlich! Der zweite Band entfaltete nicht die sprachliche Konzentration des ersten, im dritten war ich wieder ganz bei ihr und der Achterbahnfahrt ihres Lebens. Die Kritik ist überwiegend begeistert und wertschätzt Tove Ditlevsen als Vorreiterin der autofiktionalen Literatur (hier wird die Fiktionalität der Trilogie untersucht). Interessant erscheint mir die widersprüchliche Auffassung zur Übertragung in Deutsche; Sophie Wennerscheid kritisiert in der Süddeutschen Zeitung:
"Vor allem im zweiten Band haben sich einige gewundene Formulierungen eingeschlichen, die es so im sprachlich verknappten Original nicht gibt. Wenn hier das "sagte er süß" eines kleinen Jungen als "flötete er liebreizend" übersetzt wird, und aus dem "feuerrot gewordenen Kopf" der jungen Tove, die sich erstmals als Dienstmädchen verdingt hat, ein "trieb mir die Schamesröte ins Gesicht" wird, dann ist das nachhaltig ärgerlich, weil es den Schwung aus der Szene nimmt."
Dagegen formuliert Jan Drees im Deutschlandfunk:
Nun macht sich die Hamburgerin Ursel Allenstein verdient durch ihre berückend klare Übersetzung der „Kopenhagen-Trilogie“. Mit ihr erfahren wir, was es bedeutet, ein echtes Individuum zu sein; mitteilsam, unteilbar, eine Stimme findend allen Widrigkeiten zum Trotze ...
Ich bin froh, nunmehr die beiden ersten Bände der Kopenhagener Trilogie kennengelernt zu haben und kann im dritten vergleichen, was mein abgegriffenes Suhrkamp-Bändchen und das Hardcoverbuch des Aufbau-Verlages unterscheidet. Als Carl, der zukünftig dritte Ehemann Toves, Arzt und Verführer in die Abhängigkeit, ihr die erste Spritze Pethidin gegeben hat, erlebt sie eine "nie gekannte Seligkeit". (In der älteren Übersetzung: "ein vorher niemals erlebtes Glücksgefühl"). Sie nimmt seine Hand und führt sie an ihre Wange, sagt ihm, sie habe sich in ihn verliebt.
Er sieht glücklich aus und für einen Moment finde ich ihn beinahe hübsch. Er hat ein solides und beständiges Gesicht, für ein ganzes Leben gemacht. Ebbes Gesicht ist an vielen Stellen verletzlich und angegriffen, und vielleicht wird es verbraucht sein, noch bevor er vierzig geworden ist.
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Ich habe letzte Woche den ersten Band gelesen, ein großartiges Buch. Eine Kopenhagenerin, mit der ich mich darüber unterhalten habe, war auch von der Adaption am Theater begeistert: https://www.youtube.co...