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Feminismen

Wut als Motor: Warum Feminismus nicht heißen darf, dass Frauen die Opfer sind

Barbara Streidl
Journalistin, Musikerin
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Barbara StreidlFreitag, 07.08.2020

Frauen und Wut - darüber habe ich in den letzten Wochen viel nachgedacht, vielleicht liegt das Thema besonders in der Luft angesichts der ansteigenden Gefahr in Sachen häusliche Gewalt gegen Frauen in der Pandemie (dazu hier), aber auch durch die Hassbotschaften, die sich explizit gegen Frauen gerichtet haben (dazu auch hier). Frauen, die sich öffentlich wütend zeigen, werden gern als hysterisch bezeichnet, wohl auch deshalb wurde die großartige Alexandria Ocasio-Cortez-Rede (hier zum Nachhören und -sehen) gegen das sexistische Verhalten des Politikers Ted Yoho so gut aufgenommen: AOC war gar nicht hysterisch, aber offensichtlich total wütend, natürlich zu Recht.

Was macht Wut? Ist sie nur blind - oder ist sie auch ein guter Antrieb? Ein Satz von Harry Belafonte ist mir dazu untergekommen:

"If you're not angry, you're not willing to change."

Und einer von Chimamanda Ngozi Adichie, aus dem Vortrag „We Should All Be Feminists“:

„I am angry. We should all be angry. Anger has a long history of bringing positive change.”

Es gibt ein Buch, "Am Anfang war die Wut", das Erica Fischer (viele kennen ihr Buch "Aimee und Jaguar", zuletzt hat sie "Feminismus revisited" geschrieben, gerade sitzt sie an einem Buch übers Altwerden) über Monika Hauser und ihr Frauenprojekt medica mondiale geschrieben hat. Ein Buch, das ich allen ans Herz legen möchte: Geschrieben von einer großartigen Frau über eine großartige Frau - die auch von Wut getrieben war.

Klammer auf:

Die Geschichte von Monika Hauser, die 1992 nach Bosnien reiste, um zu handeln, um den Frauen dort zu helfen, indem sie ein Frauengesundheits- und therapiezentrum gründete, kennen viele. Nachlesen kann man sie auf der Website von medica mondiale e.V., heute wohl die wichtigste Organisation im Kampf gegen sexualisierte Gewalt in Kriegen - oder auch in Erica Fischers Buch von 1997.

Klammer zu.

Monika Hauser mag das Zitat von Chimamanda Ngozi Adiche, hat sie mir kürzlich in einem Interview gesagt, und sie erachtet Wut durchaus als einen Motor, um zu handeln. In dem Text von Erica Fischer, den ich hier verlinkt habe, geht es um das Jahr 1992, den Bosnienkrieg und das ZDF-Frauenmagazin Mona Lisa, das einen Beitrag ausgestrahlt hat über Frauen, die in einem Zagreber Flüchtlingslager dem Krieg gerade so entkommen sind. Darin schreibt sie auch:

"Ich habe den Eindruck, daß die Frauen fast glücklich sind, endlich das perfekte Opfer patriarchaler Gewalt gefunden zu haben."

Dieses perfekte Oper sind diejenigen, die die Massenvergewaltigungen, die Erniedrigungen, Demütigungen, Schändungen, Verstümmellungen überlebt haben, die blutenden, weinenden, bibbernden Opfer. Die Frauen sind - und mehr als nur Opfer.

Im Kontext "sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe" ist immer auch darüber gesprochen worden, dass Frauen nicht nur Opfer sein dürfen - ein wichtiger Punkt auch in der feministischen Debatte. Dazu dürfen sie aber auch nicht gemacht werden, etwa durch mediale Berichterstattung. Deswegen empfehle ich die Beschäftigung mit diesem Text aus dem Jahr 1993 - und die Überprüfung, wo wir heute in dieser Diskussion angekommen sind. "Immer noch tabuisiert", schrieb die SZ im letzten Jahr:

Sexualisierte Gewalt ist in Kriegs- und Konfliktgebieten weit verbreitet und trotzdem ist das Problem in der Weltöffentlichkeit nicht präsent: Die Betroffenen werden nicht gesehen.

Und dann können wir überprüfen, wie sehr wir darüber wütend sind - und ob diese Wut als Motor zur Veränderung taugt.

Wut als Motor: Warum Feminismus nicht heißen darf, dass Frauen die Opfer sind

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