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Diese Oktober-Highlights von Netflix und Amazon bleiben im Kopf

Benjamin Freund
News Editor / Redakteur bei LinkedIn News

Studierter Medienwissenschaftler & Kulturjournalist. Fest für LinkedIn News, frei für dpa, Tagesspiegel, Monopol, shelfd & Galore. Vorher unter anderem bei ze.tt, DLF Nova, Deutsche Welle, Berliner Zeitung & Musikexpress.

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Benjamin FreundFreitag, 25.11.2022

Netflix 

⚫ Im Westen nichts Neues [Trailer] [Stream]

Der nächste Antikriegsfilm? Naja. Jeder Kriegsfilm zeigt natürlich auch den Krieg, gleichzeitig sollte jeder Kriegsfilm auch den Anspruch haben, Krieg nicht zu verherrlichen. Ein zweifelhafter Begriff also. Er taucht ohnehin während der Geschehnisse in der Ukraine auf, in einer Gegenwart, in der man ihn aus westlicher Sicht nun endlich mal besser hinterfragen könnte, anstatt sich dem nächsten Streaming- oder Leinwand-Gemetzel hinzugeben. Dem kann auch ein stark produzierter Im Westen nichts Neues nichts entgegensetzen.

Jeder filmische Versuch, das Grauen darzustellen, muss derzeit abprallen an der Realität in der Ukraine – das ist das eine. Das andere betrifft die – sehr deutsche – Rede vom «Antikriegsfilm», der ja schon immer eher eine Mogelpackung fürs friedensbewegte Publikum darstellte, weil «Kriegsfilm» eher martialisch tönt, es aber im Grunde keinen Unterschied macht. Weil selbstverständlich jeder gelungene Kriegsfilm erst einmal gegen den Krieg argumentiert.

👻 Guillermo del Toro’s Cabinet of Curiosities [Trailer] [Stream]

Acht makabere bis magische Gruseleien aus dem Hause del Toro. Hinzu kommen Horrorgeschichten aus dem Universum von Horror-Maestro H.P. Lovecraft. The best of both worlds.

Besonders mystisch ist die dritte Folge: "Die Autopsie" (David Prior). Oscarpreisträger F. Murray Abraham muss sich darin als Pathologe Dr. Carl Winter mit äußerst merkwürdigen Todesfällen und einem Alien auseinandersetzen, das sich in menschlichen Körpern einnistet.

🚢 Descendant [Trailer] [Stream]

Die „Clotilda“ war das letzte bekannte Sklavenschiff, welches mit illegal versklavten Menschen aus Afrika in Amerika ankam. Margaret Brown macht sich in ihrem sorgsam gedrehten Dokumentarfilm auf dessen Spuren.

Sein schönstes, prägnantestes Bild findet „Die Nachkommen des Sklavenschiffs Clotilda“ erst fast am Ende. Der Taucher Kamau Sadiki, der an der Bergung des Schiffs beteiligt war, gibt den Kindern der Gemeinde Unterricht. Von einem wiederkehrenden Bild von Emmet Lewis, der Richtung Ozean blickt, wird auf einen örtlichen Swimming Pool geschnitten. Ewiges Blau, plötzlich domestiziert und beherrschbar. Hier werden die Jüngsten zu Tauchern der Geschichte. Sie lernen, sicher unter der Oberfläche zu gleiten, finden sich in einem neuen Element zurecht. Vor ihnen wird das Meer keine Geheimnisse haben.

Amazon

😈 The Devils Hour  [Trailer] [Stream]

Lucy wacht jede verdammte Nacht um 3:33 auf. Das allein klingt schon schlimm genug, nicht?

Statt sich an den Klischees zu verlieren, jonglieren die Autoren mit ihnen. Sie verteilen sie in bunten Mustern über die Figuren und Storylines, ohne sich darauf festnageln zu lassen. Da wären der junge, aufstrebende Cop mit dem Wunderkind-Symptom und der gestandene Ermittler, der seit Jahrzehnten alles so macht, wie es immer war. Gemeinsam machen die beiden Darsteller in Verbindung mit den Autoren aus diesem Abziehbild etwas Neues, was einem sofort unterschwellig ans Herz wachsen kann.

✊🏿 Judas and the Black Messiah [Trailer] [Stream]

Die 60er-Jahre in den USA. Schon damals zeigt sich die Polizeigewalt in all ihrer Grässlichkeit und Absolutheit. Morde, Rassismus, soziMissständeände. Der Spielfilm mit Nope-Star Daniel Kaluuya in der Hauptrolle des afroamerikanischen Bürgerrechtlers Fred Hampton führt zurück zu den Anfängen der Black Panthers Party.

Auch deshalb ist Judas and the Black Messiah einer der besten Filme der jüngeren Vergangenheit, die institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus früherer Zeiten in heutige Kontexte überführt haben. Aktuelle Handyaufnahmen von Polizeigewalt gegen Schwarze gehören ebenso zu seinen Bezugspunkten wie letztjährige Biopics über die Blues- und Jazzmusikerinnen Ma Rainey und Billie Holiday, in denen sich subtilere Formen der Unterdrückung offenbarten.

🐦 Catherine Called Birdy [Trailer] [Stream]

Mittelalter. Ein junges Mädchen weigert sich gegen den Willen ihres Vaters mit einem reichen Freier verheiratet zu werden. Das einfachste Konzept des Feminismus, nämlich das Mädchen und Frauen sehr wohl ein selbstbestimmtes Leben führen dürfen, wird hier charmant, familientauglich und modern verfilmt - und das basierend auf der gleichnamigen Novelle von 1994.

"Catherine Called Birdy" ist eine Coming-of-Age-Komödie, die im 13. Jahrhundert spielt. Und ja, inszeniert hat diesen Feel-good-Film tatsächlich Lena Dunham - hinreißend liebevoll, witzig und modern. Genauer betrachtet, verlässt die 36-jährige Filmemacherin ihr bekanntes Terrain aber nur wenig. Die für Dunham so typische Erzählstimme, ihre Haltung - das Aufmüpfige, der spitze Humor, die Themen - all das ist immer noch da. Nur dass man sich das jetzt auch guten Gewissens mit Zwölfjährigen anschauen kann.

Diese Oktober-Highlights von Netflix und Amazon bleiben im Kopf

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Kommentare 6
  1. Jan Paersch
    Jan Paersch · vor 2 Jahren

    Ich halte Im Westen nichts Neues für einen gelungenen (Anti)Kriegsfilm. Sicher kein Meisterwerk wie Der schmale Grat von Malick, aber die Darsteller sind gut (ich kann auch keine Klischees erkennen) und die Bildgestaltung ist herausragend. So etwas sieht man im deutschen Kino selten, im Fernsehen sowieso nicht. Die kaputten Landschaften sind teils von betörender Schönheit, und wie hier Natur gefilmt wird, hat mich sehr an Lubezki (The Revenant) erinnert.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 2 Jahren

      Sehe ich auch so.

    2. Benjamin Freund
      Benjamin Freund · vor 2 Jahren

      Hey Jan und Dirk, bei euren Beobachtungen bin ich grundsätzlich ganz bei euch. Man kann sich diesen Film selbstverständlich anschauen. Ich denke er gibt aber gleichermaßen auch Anlass dazu, das Genre "Kriegsfilm" bzw. "Antikriegsfilm" zu hinterfragen.

    3. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor fast 2 Jahre

      @Benjamin Freund Absolut! Mir ging es aber erstmal nur um die ästhetischen Qualitäten. Natürlich muss man das Genre kritisch sehen. Bin ganz bei der SZ, die meinte, dass ein gelungener Kriegsfilm immer automatisch ein Anti-Kriegsfilm ist.

    4. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor fast 2 Jahre · bearbeitet vor fast 2 Jahre

      @Jan Paersch Krieg und Zerstörung sind nun mal elementare Bestandteile deutscher Geschichte, deshalb muss es auch Filme darüber geben. Ob man die Gewalt so brutal wiedergeben muss, darüber lässt sich streiten. Vermutlich verlangt es leider einfach der internationale Markt

    5. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor fast 2 Jahre

      @Benjamin Freund Descendant ist ein guter Tipp! Habs gern gesehen.

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