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Haus Hohenzollern klagt — eine irre Debatte um die Nazizeit und Entschädigung (für die Hohenzollern)

Dmitrij Kapitelman
Lesen, Schreiben, Mirsachenmerken. Journalismus darf auch Spaß machen.
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Dmitrij KapitelmanMittwoch, 09.09.2020

Das Feuilleton der FAZ machte heute mit einem Text über die Rechtsstreitigkeiten der dynastisch-fantastischen Familie Hohenzollern auf. Und dem Zusatz, dass das uns alle angehe. Und um ehrlich zu sein, dachte ich dabei: nein, nur deine Feuilletonmutter geht das etwas an, FAZ. Shame on me: Denn besagter Text ist tatsächlich sehr wichtig und hervorragend aufbereitet.

Geschrieben von Eva Schlotheuber und Eckart Conze, zwei deutsche Historikerinnen, die Unterlassungsklagen von den dynastisch-fantastischen Anwälten der Hohenzollern erhalten haben. Weil sie ein kritisches Bild der Familie bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten zeichnen. Und wissenschaftlich belegen. 

Die Hohenzollern fordern gegenwärtig Entschädigungen von der BRD, für Enteignungen nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Diese Entschädigungen für die Hohenzollern wird es laut Gericht aber nur geben, wenn die Familie nachweislich keinen Vorschub bei der Machtergreifung der Nazis geleistet hat. Und da ist die Wissenschaft, auch international, nicht auf der Seite der anklagenden Adelsfamilie.

Conze und Schlotheuber sezieren den aktuellen Verhandlungsstand, ebenso die Selbstdarstellung der Familie. Dokumentieren aber vor allem einer Klagewelle, mit der alle Journalisten, Historiker und selbst Politiker überzogen werden, die kritisch von der Rolle der Hohenzollern im NS-Staat sprechen. Und daraus resultiert das Bild einer Adelsfamilie, die auch 2020 noch das Sagen über Öffentlichkeit und Staat behalten wolle.

"Das Ziel der Hohenzollern scheint in erster Linie darin zu bestehen, den Raum für eine öffentliche Diskussion über die Rolle ihrer Familie im Nationalsozialismus zu minimieren...Recht und Gesetz dürfen weder direkt noch indirekt zur Abwehr wissenschaftlicher  Erkenntnisbildung instrumentalisiert werden."


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Kommentare 3
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 4 Jahren

    hm. Es sollte so was wie Revolutionsrecht geben: nix da mit Entschädigungen für ehemalige Monarchen... überspitzt formuliert (wie es mein 11 jähriger Neffe naiv fragte): können die nicht froh sein damals nicht geköpft worden zu sein und im Armenhaus gelandet? unabhängig davon: hat der Familie eigentlich niemand in PR-gründen geraten, ihr Image so zu versauen? Ich meine 70 Jahre bzw. 100 Jahre "danach" haben wir deutschen doch im Grunde ein promi-Bonus für adelshäuser, romantisch verklärt. wieso jetzt mit sowas anfangen? klar - das liebe Geld. Aber am Hungertuch nagen tun die Hohenzollern ja nun wirklich nicht. und über die Rolle ihres Hauses im zweiten Weltkrieg hatte nun wirklich die breite Öffentlichkeit auch kaum geredet...

  2. Michaela Maria Müller
    Michaela Maria Müller · vor 4 Jahren

    Das Projekt "Frag den Staat" hat kürzlich für betroffene Journalist*innen und Historiker*innen einen Hilfsfonds eingerichtet: https://fragdenstaat.d...

    1. Dmitrij Kapitelman
      Dmitrij Kapitelman · vor 4 Jahren

      wow

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