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Feminismen

Was, Sie sind alleinerziehend? Kann man da nichts machen?

Michaela Haas
Reporterin. Autorin. Kolumnistin.
Zum Kurator'innen-Profil
Michaela HaasDonnerstag, 09.07.2020

Mensch, ist diese Reportage großartig!

Sind Sie sich sicher, dass das der Vater ist, oder kommt da, na ja, Sie wissen schon, noch jemand anderes in Frage?«

Frage an meine Oma, 1954.

»Wir haben natürlich alles an den Vater geschickt. Wollen Sie selbst entscheiden, auf welche weiterführende Schule Ihre Tochter geht?«

Frage an meine Mutter, 1992.

»Kann man da nichts machen?«

Frage von mir, 2019.

Siebzig Jahre Bundesrepublik, drei Frauen, ein Problem: alleinerziehend.

Meine Frage bekomme ich immerhin sehr klar beantwortet: »Nein. Vor Ihrer Tochter haben erst die Geschwisterkinder ein Anrecht auf einen Betreuungsplatz. Die Kinder von Alleinerziehenden kommen erst danach.«

So beginnt die Forschungsreise von Michele Loetzner in ihre eigene Lebenswirklichkeit. Gut, der Staat wird nicht mehr automatisch Vormund, wenn eine Mutter keinen Ehemann hat, aber ansonsten hat sich seit den 50er Jahren erstaunlich wenig geändert. Die Pandemie hat die Benachteiligung Alleinerziehender nur wieder deutlicher zum Vorschein gebracht, aber:

Fast die Hälfte der Alleinerziehenden in Deutschland war schon vor Corona armutsgefährdet.

Loetzners Bericht ist unemotional und gleichzeitig so bestechend humorvoll, dass man nicht weiß, ob man ungläubig laut auflachen oder brüllen soll:

Der Staat vergisst dich. Er macht sich nicht die Mühe, dich mitzudenken. Mehr noch: Er sabotiert dich. Und die Gesellschaft tut das auch. Du bist eben doch die Abweichung. Noch heute nehmen in Deutschland Mütter männliche Bekannte mit zu Wohnungsbesichtigungen, um zumindest eine Chance auf einen Mietvertrag zu haben. Von Banken wird man unter der Hand als nicht so vertrauens­erweckend eingestuft, wenn man als alleinstehende Frau mit Kind einen Kredit für ­einen Immobilienkauf beantragen will. Selbst, wenn man Vermögen mitbringt. Als ich mir neue Reifen kaufen muss, fragt mich der männliche Mitarbeiter, ob mein Mann mir aufgeschrieben habe, welche. Als ich antworte, dass das mein Auto sei, giggelt der Mitarbeiter hinterher: »Na, nach der Scheidung behalten?«

Was, Sie sind alleinerziehend? Kann man da nichts machen?

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Kommentare 1
  1. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als 4 Jahre

    Gruselig! Zeit für Veränderung...

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