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Rainer Sigl studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Wien und arbeitet seit über zehn Jahren als freier Journalist für Print- und Onlinemedien. 2012 gründete er das Blog videogametourism.at. Englische und deutsche Artikel erschienen unter anderem für KillScreen, Die Zeit, SpiegelOnline, Huffington Post, Golem, Telepolis und Wired. Er ist Redaktionsmitglied und regelmäßiger Autor des Games-Bookazines WASD, schreibt für den Standard und den österreichischen öffentlich-rechtlichen Radiosender FM4, wo er auch gemeinsam mit Robert Glashüttner und Conny Lee seit 2013 in der monatlichen Games-Sendung "FM4 Extraleben" zu hören ist.
In den letzten Jahren ist die fragwürdige Subkultur der "Pick-up Artists" immer wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Als Mischung aus Selbsthilfegruppe, misogynem Machotum und antifeministischen Rechtsausläufern diverser Männerrechtsbewegungen ist die systematische Anleitung zum Anbaggern und Abschleppen mit mehr als fragwürdigen Mitteln zu recht inzwischen allgemein im gesellschaftlichen Out gelandet.
Dass die Proponenten dieser Bewegung ihre Tätigkeit schlicht "the game" nennen, zeigt ebenso wie diverse Berührungspunkte mit dem historischen Clusterfuck namens Gamergate, dass es zumindest in Sachen mechanistischem Zugang zur menschlichen Interaktion auch Anknüpfungspunkte an die Welt der Videospiele gibt; so betrachtet war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis neben all den ohnedies schon fragwürdigen "Dating Sims" ein Videospiel erscheint, das sich das Playbook der "Verführungsgurus" direkt zum Vorbild nimmt. Pascal Wagner hat für Red Riding Rogue einen langen Blick auf das Spiel "Super Seducer: How to Talk to Girls" von "Pick Up Artist" Richard La Ruina geworfen. Und das ist erwartbar problematisch.
Was Super Seducer so gefährlich macht, ist die Selbstverständlichkeit, mit der La Ruina nicht nur moralisch verwerfliche und, hier in Europa wie in den USA, illegale Handlungen hinwegrationalisiert. Das bedeutet konkret, dass er von jeder verwerflichen Tat mit der gleichen Ratio Abstand nimmt, mit der er alle für seinen Zweck ‚richtigen‘ Taten begründet: Effizienz. Super Seducer rät Männern nicht davon ab, Frauen in der Öffentlichkeit gegen ihren Willen zu berühren, weil man so etwas einfach nicht tut, [sondern] "weil es nicht funktioniert".
Auf der PC-Spieleplattform Steam ist "Super Seducer" erhältlich, Sony hat sich gegen eine Veröffentlichung für PS4 entschieden.
Quelle: Pascal Wagner redridingrogue.com
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Schöne Analyse. Vor allem der Hinweis auf die völlige Objektivierung sozialer Phänomene im Namen der Effizienz. Die Pick-up Artistry ist in dieser Hinsicht ja im Grunde nichts anderes als Operations Research: der Versuch, der unerträglichen Kontingenz der Welt durch Trial&Error-Versuchsreihen eine maximale Planbarkeit abzuringen. Ohne Rücksicht auf Kollateralschäden. Die Umsetzung in ein Computerspiel ist da geradezu folgerichtig, weil das dort ja quasi noch der Standardmodus der Welt- und Konfliktdarstellung ist. Und auch wenn sich der Artikel vielleicht ein bisschen zu sehr aus dem Fenster (und in eine Zensur-Debatte) lehnt: Ich glaube auch, dass die Normalisierung solcher Objektifizierungs- und Kontrollfantasien gesellschaftlich noch viel Ärger bringen wird. Ich denke an Gamergate, aber nicht vom Rand, sondern aus der Mitte der Gesellschaft kommend.
Weit oben auf der Lektüre-Wunschliste: »The Toxic Meritocracy of Video Games« von Christopher A. Paul, das sich wohl genau mit solchen Phänomenen in Gaming-Communities auseinandersetzt: https://www.upress.umn....