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Der österreichische Ökonom und langjährige Wissenschaftler am WIFO- Institut Stephan Schulmeister sieht die zentrale Ursache der aktuellen Finanzkrise sowie der Wachstumsschwäche der Wirtschaft in der zunehmenden Dominanz des Finanzkapitalismus, der immer mehr ein Eigenleben entwickelte und immer weniger der Realwirtschaft diente. Ein Befund, den der Autor mit vielen Kollegen teilt, exemplarisch sei Gerhard Scherhorn mit seiner Abhandlung „Geld soll dienen nicht herrschen“ (2009) genannt.
In „Mitten in der Krise. Ein New Deal für Europa“ (2011) legt Schulmeister die makroökonomischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte bis herauf zur Finanzkrise dar. Dabei argumentiert er, dass die zunehmende Staatsverschuldung und die steigende Arbeitslosigkeit nicht mit zu hohen Staatsausgaben bzw. zu üppigen Lohnforderungen der Arbeitnehmer zusammenhängen, sondern wesentlich mit dem Ansteigen der Zinsraten, die jene der Wachstumsraten überholt hätten. Zu geringe Staatseinnahmen sowie hohe Finanzierungskosten für die Staatsschulden hätten die Wachstumsraten gedrückt. Die Investitionen in die Realwirtschaft seien zurückgegangen, weil es sich für Kapitaleigner mehr rentierte, in Finanzgeschäfte zu investieren.
Schulmeister geht – wie Streeck – davon aus, dass die Finanzkrise keineswegs überwunden sei. Neben einer Regulierung der Finanzmärkte, die es weniger attraktiv machen soll, schnelles Geld zu machen, fordert der Ökonom staatliche Konjunkturprogramme mit Investitionen in Bildung und Forschung sowie insbesondere in die ökologische Transformation. Als Beispiel nennt der Ökonom u. a. eine Offensive für thermische Gebäudesanierung. Schulmeister sieht diesen New Deal sehr differenziert und fordert ein europäisches Vorgehen. Neben einer – mittlerweile umgesetzten – Niedrigzinspolitik (Zins unter realer Wachstumsrate), der Förderung der Realwirtschaft bei gleichzeitiger Zurückdrängung der spekulativen Finanzgeschäfte sowie grünen Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz schlägt Schulmeister eine europäische Geld- und Sozialpolitik vor, die wirtschaftsschwächere Staaten aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte herauslöst und – man hört richtig – eine EU-weite Mindestsicherung garantiert. In reichen Ländern plädiert der Ökonom für flexible, neue Arbeitszeitmodelle, die den Arbeitsmarkt entlasten und die Lebensqualität der Menschen steigern, sowie für die Ausweitung öffentlicher Leistungen wie Bildung oder Gesundheitsvorsorge. Die Vermögenden sollen – wie im New Deal der 1930-Jahre durch US-Präsident Roosevelt – bedeu- tend stärker an der Finanzierung der Umwelt- und Sozialprogramme beteiligt werden.
In einem Aufsatz „Kapitalismus ohne Wachstum geht nicht“ (2015) plädiert Stephan Schulmeister für ein Wachstum in der EU von 3 Prozent in den nächsten Jahren, um die Arbeitslosigkeit merklich drücken zu können. In der Folge sei ein Übergang zu Wachstumsraten von 1 bis 1,5 Prozent denkbar.
Quelle: Stephan Schulmeister books.google.de
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