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Klima und Wandel

Ein Klimaaktivist entschuldigt sich - für die erzeugte Angst

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDonnerstag, 24.09.2020

Michael Shellenberger ist ein vielbeachteter Klimaaktivist der ersten Stunden, Autor vieler Büchern über Umweltschutz.  2008 stand er auf der Liste des Time-Magazine „Heroes of the Environment“. Und nun, im Sommer dieses Jahres, sein Bekenntnis, gemeinsam mit vielen seiner Zunft, die Welt falsch beraten zu haben. Hier sein Statement und die Entschuldigung:

On behalf of environmentalists everywhere, I would like to formally apologize for the climate scare we created over the last 30 years. Climate change is happening. It’s just not the end of the world. It’s not even our most serious environmental problem. I may seem like a strange person to be saying all of this. I have been a climate activist for 20 years and an environmentalist for 30.

Man beachte seinen Lebenslauf. Mit 16 Jahren Umweltaktivist und Fundraiser für "Rainforest Action Network", mit 17 geht er aus Solidarität mit der Revolution der Sandinisten nach Nicaragua, mit 23 sammelt er Geld für Kooperativen Guatemaltekischer Frauen, dann Forschung im Amazonas mit Farmern um die Landbesetzung zu bekämpfen bis hin zum Umweltaktivisten und Chef des Breakthrough Institutes. Und dieses Jahr dieses Bekenntnis:

For years, I referred to climate change as an “existential” threat to human civilization, and called it a “crisis.” But mostly I was scared. I remained quiet about the climate disinformation campaign because I was afraid of losing friends and funding. The few times I summoned the courage to defend climate science from those who misrepresent it I suffered harsh consequences. And so I mostly stood by and did next to nothing as my fellow environmentalists terrified the public.

Auslöser, zunehmend radikalere Äusserungen grüner Politiker und Aktivisten:

Alexandria Ocasio-Cortez said “The world is going to end in 12 years if we don’t address climate change.” Britain’s most high-profile environmental group claimed “Climate Change Kills Children.” The world’s most influential green journalist, Bill McKibben, called climate change the “greatest challenge humans have ever faced” and said it would “wipe out civilizations.” ......
Und so entstand sein Buch: "Apocalypse Never: Why Environmental Alarmism Hurts Us All". Darin u.a. folgende Thesen:

  • Factories and modern farming are the keys to human liberation and environmental progress
  • The most important thing for saving the environment is producing more food, particularly meat, on less land
  • The most important thing for reducing air pollution and carbon emissions is moving from wood to coal to petroleum to natural gas to uranium
  • 100 percent renewables would require increasing the land used for energy from today’s 0.5 percent to 50 percent
  • We should want cities, farms, and power plants to have higher, not lower, power densities
  • Vegetarianism reduces one’s emissions by less than 4 percent
  • Greenpeace didn’t save the whales, switching from whale oil to petroleum and palm oil did

In einem weiteren Artikel führt er noch einmal aus, warum aus seiner Sicht erneuerbare Energien das Klima nicht retten können und Kernkraft eine wichtige Energiequelle bleibt. Auch wenn alle demokratischen Kandidaten im aktuellen US-Wahlkampf auf erneuerbaren Energien setzen (einige auch auf Atomenergie), Shellenberger sieht erneuerbare Energien in der Krise, weil sie Strom verteuern,  Subventionen nun auslaufen und die Projekte zunehmend von Naturschützern und Anwohnern blockiert werden. Z.B. in Kalifornien:
Der Netzbetreiber muss zunehmend die Nachbarbundesstaaten bezahlen, damit sie den überschüssigen Solarstrom des Staates beziehen, und den Strom aus Solarparks an sonnigen, bedarfsarmen Tagen abschalten. Experten prognostizieren, der Einsatz der kommerziellen Windenergie in den Vereinigten Staaten werde wahrscheinlich zum Stillstand kommen, wenn die wichtigste Windenergiesubvention, bekannt als Production Tax Credit oder PTC, am 31. Dezember 2019 ausläuft. ..... In Ohio hat der Gesetzgeber kürzlich die Aufträge für erneuerbare Energien aufgrund ihrer hohen Kosten zurückgefahren und sich dafür entschieden, stattdessen Kernkraftwerke zu subventionieren.
Kommt uns das nicht bekannt vor?
Ein Klimaaktivist entschuldigt sich - für die erzeugte Angst

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Kommentare 15
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor 4 Jahren

    Ich hab gerade ein paar Minuten damit verbracht, mich im Netz über den Autor und das Medium zu informieren. Bei Ecosia fand ich den Text von Shellenberger an vielen Stellen, auch auf der Seite seiner eigenen Organisation. http://environmentalpr... Quillette zu verlinken halte ich für eine unglückliche Auswahl. https://en.wikipedia.o... Zwei kritische Auseinandersetzungen mit dem Text gibt es u.a. bei reddit https://www.reddit.com... https://www.reddit.com...
    Ich empfinde den Beitrag ehrlich gesagt auch als möglichst polarisierend platzierte Buchwerbung.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Hallo Max, ich finde die "kritische Auseinandersetzung" bei reddit durchaus interessant. Ein wenig parteiisch, aber das ist ok. Möchte aber auch noch mal die Diskussion auf Facebook empfehlen, in der Markus Furtner eine interessante und nicht unkritische Zusammenfassung/Einschätzung von Shellenbergs Thesen im Buch gegeben hat. Die Gruppe ist sowieso interessant, wenn man sich mit den physikalisch-technischen Problemen der Energiewende beschäftigen möchte.
      https://www.facebook.c...

      Was Quilette betrifft würde ich weniger auf die Kritik in den wettbewerbenden Medien hören und eben selber lesen. Die Beteiligung an den Grievance studies jedenfalls gereicht der Plattform zur Ehre. Ich möchte mehr davon ....

  2. Andreas P.
    Andreas P. · vor 4 Jahren

    Ein mutiger piq. Ich freu mich sehr auf die Diskussion.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Die Reaktionen sind gespalten. Aber leider ohne Diskussion....

    2. Christoph Zensen
    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      @Christoph Zensen Nun ja, 9 Stimmen sind ja eine Reaktion. Und etwas nicht hören zu wollen oder anonym abzulehnen auch ....

    4. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      @Christoph Zensen Ich vermute alle sind mit sowas beschäftigt
      https://shepherdgazett...
      und diskutieren frisch beseelt mit wenn ein Ölheizung sie wieder aufgewärmt hat.

    5. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor 4 Jahren

      @Andreas P. ...oder einfach auch müde, die immergleichen, teils falschen, teils aus dem Zusammenhang gerissenen, teils logisch nicht schlüssigen, starken Behauptungen widerlegen zu müssen.

      Und die gibt es im verlinkten Artikel massenhaft. Und das Heischen nach Glaubwürdigkeit dank maximalpopulistisch zelebriertem "Abfall vom Glauben" tut dann sein Übriges. Manchmal muss man nicht diskutieren, da reicht einfach der rote Pfeil.

      Aber so wie ich Thomas hier erlebe, kommt bestimmt bald wieder ähnlich mutig-provokatives über das es sich auch wirklich zu diskutieren lohnt. Da bin ich zuversichtlich und freu mich schon drauf.

    6. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Den Zustand in dem Du Dich befindest nennt man confirmation bias.

    7. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Möglich. Aber besser als naiver Realismus ;)

    8. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Naiver Realismus ist ein Widerspruch in sich.

    9. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Nee, sondern einerseits eine philosophische Position der Erkenntnistheorie, andererseits, wie auch der "confirmation bias", eine kognitive Verzerrung.

      Kurzdefinition:
      "The belief that we see reality as it really is – objectively and without bias; that the facts are plain for all to see; that rational people will agree with us; and that those who don't are either uninformed, lazy, irrational, or biased"

      Aber ich denke wir schweifen ab.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Also ich empfehle mal in sein Buch zu schauen. Bei Facebook in der Gruppe zur „Ökomoderne“ steht eine Zusammenfassung und Bewertung. Der Typ weiß schon wovon er spricht. Wenn er natürlich nicht frei von Irrtümern ist.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Und wenn ich das hier lese, dann muss ich sagen, weitgehend hat er recht mit seiner Einschätzung vieler Aktivisten. Soviel kann man gar nicht widerlegen .....
      https://taz.de/Klimage...

    12. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      @Thomas Wahl Ach, mit seiner Einschätzung der Aktivisten habe ich jetzt nicht unbedingt ein Problem. Es gehört ja quasi zur Definition von Aktivismus, dass Wissenschaft und Unparteilichkeit gegenüber dem Engagement im Hintertreffen bleiben. Insofern kann man wohl sagen, dass er auch jetzt noch Aktivist ist, jetzt halt unter anderen Vorzeichen.

      Zur Aktion der taz: es ist halt eine Aktion, die bewusst über die üblichen Grenzen des Journalismus hinausgeht. Sprich: man sollte dann auch an die veröffentlichten Artikel nicht mit einem Maßstab herangehen der Mittigkeit als Qualitätskriterium fordert. Aber Deinen Punkt im verlinkten Artikel verstehe ich natürlich schon. Das ist harter Tobak. Da wüsste ich auch nicht, wo ich anfangen sollte. Und das meine ich jetzt gar nicht auf politische Positionen sondern eher auf den "Quirl-Faktor" bezogen.

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