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Volk und Wirtschaft

Kritik am Neoliberalismus - aber fundiert, nicht absolut

Gabriel Koraus

•Ausbildung als Sinologe und Religionswissenschaftler
•Arbeit in der Outdoorbranche mit Fokus auf soziale Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung in globalen Lieferketten

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Gabriel KorausDienstag, 02.02.2021

In diesem äußerst lesenswerten Artikel wird allerlei Wissenswertes über einen DER Kampfbegriffe aktueller wirtschaftsphilosophischer Debatten zusammengetragen. 

Am Ende sind wir natürlich nicht zwingend schlauer: zuviel Regulation und Bürokratie ist genauso schlecht, wie zuwenig. 

Dass das allgemeine Mitspracherecht in demokratisch verfassten Systemen dazu führen kann, defizitärer Umverteilungsprozesse zu realisieren und dass die Gefahr besteht, dass sich mit Macht und Kapital ausgestattete Interessensgruppen Zugang zu den entscheidungsfindenden Instanzen verschaffen, ist genauso bekannt, wie die Limitierungen einer nur auf den Gesetzen von Angebot und Nachfrage basierenden Gesellschaftsordnung. 


"... die These Hayeks und der Neoliberalen, dass es über die Sicherung der persönlichen Freiheit und des Privateigentums hinaus keine weiteren Ziele und Werte geben könne, die eine Gesellschaft in der Regelung ihrer Angelegenheiten verfolgen kann, ohne dadurch den Markt und damit die Grundlage des Wohlstandes zu zerstören, ist ebenso falsch wie unplausibel. Denn offensichtlich ist der Markt keine unberührte Natur, die, unter Schutz gestellt, ihre Früchte freigiebig an die Tüchtigsten verteilt, sondern eine sehr menschliche, nur durch Gesetze und Regelungen zum Funktionieren zu bringende Einrichtung."








Der Der mittlere Weg also. Aber worin genau besteht dieser? Hier nochmal der Autor: 

"Wenn „rule of law“ heißt, dass z.B. Regeln für alle gelten sollen, können auch Umweltschutzmaßnahmen oder Sozialstandards für alle gelten, ohne den Markt zu „verzerren“. Das heißt, man kann die Existenz von Märkten dort, wo sie produktiv sind, mit der politisch ausgehandelten Orientierung an Zielen und Werten verbinden, die dem Markt als solchem nicht inhärent sind und die auch nicht per se mit dem Eigeninteresse aller Marktteilnehmer kongruent sind."








Kritik am Neoliberalismus - aber fundiert, nicht absolut

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Kommentare 11
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

    Teil 2: ".... und nicht indirekt zur Beherrschung der Preise und der Produktionsmengen dienen. Obwohl jede derartige Reglementierung der Produktionsmethoden Mehrausgaben verursacht, d.h. zur Erzeugung einer bestimmten Gütermenge einen Mehraufwand an Produktionsmitteln erfordert, so kann sie doch sehr wohl am Platze sein. Das Verbot, gewisse giftige Substanzen zu benutzen oder die Forderung besonderer Vorsichtsmaßregeln bei ihrer Verwendung, die Beschränkung der Arbeitszeit oder die Forderung bestimmter sanitärer Vorschriften ist mit der Beibehaltung des Leistungswettbewerbs durchaus vereinbar. Es fragt sich in diesem Zusammenhang nur, ob im einzelnen Fall die Vorteile größer sind als die gesellschaftlichen Kosten. Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs ist sehr wohl auch mit einem ausgedehnten System der Sozialfürsorge vereinbar - solange dieses so organisiert ist, daß es den Wettbewerb nicht weitgehend lahmlegt. ......
    Es genügt keineswegs, daß das Recht das Prinzip des Privateigentums und der Vertragsfreiheit anerkennt. Denn es hängt viel davon ab, welche genaue rechtliche Definition dem Eigentumsrecht je nach den Gegenständen gegeben wird, auf die es sich bezieht. .....
    Schließlich gibt es unumstrittene Bereiche, in denen das Recht außerstande ist, die Hauptvoraussetzung für die positive Wirksamkeit des freien Wettbewerbs und des Privateigentums zu schaffen, nämlich die, daß der Eigentümer für den Nutzen, den die Verwendung seines Eigentums stiftet, belohnt wird und für den Schaden, den es anderen verursacht, aufkommen muß. Wo es beispielsweise unmöglich ist, den Genuß gewisser Leistungen von der Zahlung eines Preises abhängig zu machen, wird der
    Wettbewerb diese Leistungen nicht hervorbringen. Das Preissystem wird gleichfalls unwirksam, wenn der durch eine bestimmte Verwendung des Eigentums hervorgerufene Schaden nicht wirksam auf den betreffenden Eigentümer abgewälzt werden kann. In allen diesen Beispielen besteht eine Divergenz zwischen den Posten, die unter die private Kalkulation fallen, und denen, die das Wohl der Gesellschaft betreffen. In jedem Falle, wo die Divergenz ein großes Ausmaß annimmt, muß man eine andere Methode als den Wettbewerb ausfindig machen, um die betreffenden Leistungen hervorzurufen. ..... Unter solchen Umständen müssen wir irgendeinen Ersatz für die Regulierung des Preismechanismus finden. Aber die Tatsache, das wir in Fällen, in denen die Bedingungen für das richtige Funktionieren des Leistungswettbewerbs nicht hergestellt werden können, die automatische Regulierung durch staatliche Lenkung ersetzen müssen, ist durchaus kein Beweis dafür, daß wir den Wettbewerb dort ausschalten solten, wo er funktionieren kann.

    Die Schaffung von Bedingungen, unter denen der Wettbewerb den größtmöglichen Nutzen stiftet, seine Ersetzung in Fällen, in denen kein echter Wettbewerb möglich ist, die Bereitstellung von Leistungen, die, um mit Adam Smith zu reden, "zwar der Gesellschaft als Ganzem höchst nützlich, doch der Art sind, daß sie für einen einzelnen oder eine geringe Zahl von einzelnen nicht rentieren" das alles sind Aufgaben,die in der Tat ein weites und unumstrittenes Gebiet für die Betätigung des Staates darstellen. Kein vernünftiger Mensch kann sich ein Wirtschaftssystem vorstellen, in dem der Staat ganz untätig ist."

    1. Gabriel Koraus
      Gabriel Koraus · vor fast 4 Jahre

      Vielen Dank, ich hatte schon lange vor, Hayek endlich mal im Original zu lesen!
      Aber Spaß beiseite, der Hinweis auf inhaltliche Mängel bei der dem Artikel zu Grunde liegenden Hayek-Interpretation ist sicher berechtigt. Auch ist der Neoliberalismus eine ungleich komplexere Theorie, als es der diskursiv inkorporierte Kampfbegriff erahnen läßt.
      Dennoch scheint es mir, dass in dieser Denkschule die inhärente Insuffizienz von Information und rationaler Entscheidungsfindung im Allgemeinen zu wenig reflektiert wird.
      Aber wie gesagt, um dies wirklich beurteilen zu können, fehlt mir die Lektürekenntnis.

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

    Kleiner Ausschnitt aus Hayek "Der Weg zur Knechtschaft" Verlag moderne Industrie 1971, S.60 ff

    Teil 1: "Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, das, wenn man sich gegen diese Art von Planwirtschaft wendet, man damit kein dogmatischer Anhänger des Laissez-faire ist. Der Liberalismus lehrt, daß wir den bestmöglichen Gebrauch von den Kräften des Wettbewerbs machen sollen, um die Wirtschaftsaktivität der Individuen aufeinander abzustimmen, er lehrt aber nicht, daß wir die Dinge sich selber überlassen sollen. Er beruht auf der Überzeugung, daß dort, wo ein echter Leistungswettbewerb möglich ist, diese Methode der Wirtschaftssteuerung jeder anderen überlegen ist. Er leugnet nicht, sondern legt sogar besonderen Nachdruck darauf, daß ein sorgfältig durchdachter rechtlicher Rahmen die Vorbedingung für ein ersprießliches Funktio- nieren der Konkurrenz ist und daß sowohl die jetzigen wie die früheren Rechtsnormen von Vollkommenheit weit entfernt sind. Der Liberalismus leugnet auch nicht, daß wir dort, wo die Bedingungen für einen echten Leistungswettbewerb nicht geschaffen werden können, zu anderen Methoden der Wirtschaftssteuerung greifen müssen. Er lehnt es jedoch ab, den Wettbewerb durch schlechtere Methoden der Ordnung des Wirtschaftslebens zuersetzen. Er hält die Konkurrenz nicht allein deshalb für über legen, weil sie in den meisten Fällen die wirksamste Methode ist,
    die wir kennen, sondern vor allem deshalb, weil sie die einzige Methode ist, die uns gestatter, unsere wirtschaftliche Tätigkeit ohneeinen zwangsweisen oder willkürlichen Eingriff Behör- den zu koordinieren. In Wahrheit ist es eines der Hauptargumente zugunsten der freien Konkurrenz, daß sie eine bewußte Wirtschaftslenkung überflüssig macht und den Individuen die Entscheidung überläßt, ob die Aussichten in einem besonderen Erwerbszweig groß genug sind, um die damit verbundenen Nachteile und Risiken zu kompensieren.
    Die erfolgreiche Anwendung des Wettbewerbs als des Ordnungsprinzips der Gesellschaft ist mit einigen Arten von Zwangseingriffen in das Wirtschaftsleben unvereinbar; es läßt aber andere zu, die seine Wirkung kräftig unterstützen können, ja, es macht sogar bestimmte Arten der staatlichen Aktivität notwendig. Aber wenn man besonderen Nachdruck auf die negativen Erfordernisse gelegt hat, auf die Punkte, in denen Zwangsmaßnahmen sich verbieten, so hat das seinen guten Grund. Einmal ist es notwendig, daß die Wirtschaftspartner zu jedem Preis kaufen undverkaufen dürfen, zu dem sie einen Kontrahenten finden, und daß, wenn irgend etwas überhaupt produziert, verkauft oder gekauft werden darf, dies jedermann erlaubt sein muß. Es ist ferner wesentlich, daß die verschiedenen Erwerbszweige allen zu den gleichen Bedingungen offenstehen und da das Recht sich jedem Versuch von Individuen oder Gruppen widersetzt, die Gewerbefreiheit durch offene oder verschleierte Gewalt zu beschränken. Jeder Versuch, die Preise oder die Mengen bestimmter Produkte zu regulieren, vereitelt eine befriedigende Abstimmung der Wirtschaftsakte der Individuen durch den Wettbewerb, da Preisänderungen dann nicht mehr alle wesentlichen Datenänderungen registrieren und den einzelner. keinen zuverlässigen Anhaltspunkt füir ihre Wirtschaftsakte liefern. Das gilt jedoch nicht unbedingt für Maßnahmen, die sich darauf beschränken, zu bestimmen, welche Produktionsmethoden erlaubt sind und welche nicht, solange diese Beschränkungen auf alle eventuellen Produzenten gleichmäßig angewandt werden und nicht indirekt

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

    Ich fand diesen Artikel auch interessant, aber etwas einseitig. Wo ist den diese These nachzulesen:

    "Aber die These Hayeks und der Neoliberalen, dass es über die Sicherung der persönlichen Freiheit und des Privateigentums hinaus keine weiteren Ziele und Werte geben könne, die eine Gesellschaft in der Regelung ihrer Angelegenheiten verfolgen kann, ohne dadurch den Markt und damit die Grundlage des Wohlstandes zu zerstören, ist ebenso falsch wie unplausibel."

    Das halte ich für eine völlige Fehlinterpretation. Die Individuen und eine Gesellschaft können sich jedes Ziel stellen. Hayek geht es m.E. nur darum mit welchen Organisations-Methoden die dafür notwendigen Ressourcen produziert werden sollen und was der Staat dabei zu tun hat oder auch nicht. Hayek sieht explizit die Bereitstellung öffentlicher Güter durch den Staat vor. Zu den Aufgaben des Staates gehören für ihn:

    die Schaffung einer Rechtsordnung,
    die Bereitstellung öffentlicher Güter,
    Zertifizierungen und Informationen, die der Sicherheit und Gesundheit dienen,
    die Erhebung von Steuern,
    die Sicherung eines Mindesteinkommens.

    Man kann Hayek und seine Thesen eigentlich nur aus seiner Zeit heraus verstehen, in denen totalitäre Staaten/Bewegungen in ihrem Bemühen die Gesellschaft als Ganzes zu planen grandios versagt haben:

    "Meine Absicht war es zu zeigen, daß es nicht die besonderen Ziele waren, denen die verschiedenen totalitären Systeme zu dienen vorgaben, die ihre Brutalität hervorriefen, sondern daß diese eine notwendige Folge jedes Versuches sein müssen, eine ganze Gesellschaft völlig den von den Herrschern bestimmten Zielen dienstbar zu machen. Der Gegensatz zwischen einer freiheitlichen Ordnung, in der der einzelne innerhalb der Schranken der Regeln des gerechten Verhaltens sein Wissen in der Verfolgung seiner selbst gewählten Ziele verwenden darf, und einem System, unter dem alle den von der Obrigkeit festgesetzten Zielen dienen müssen, scheint mir immer noch grundsätzlich und unüberbrückbar."
    ("Der Weg zur Knechtschaft" von Friedrich A. von Hayek)

    Sein Thema war das Staatsversagen, das wir heute so gern vergessen oder ausschließen. Und das immer mit einem fatalen Eingriff in Marktmechanismen einherging. Trotzdem wollte er keinen Nachtwächterstaat. Er befürwortet sicher eine Begrenzung und genaue Definition staatlicher Handlungsspielräume durch Verfassungen, die die Rechte des Individuums schützen. Besonders vor staatlicher Willkür, durch überbordendem Zwang.
    Hayek schließt nicht aus, dass Wirtschaftstätigkeit reguliert wird, wenn die Regulierung die allgemeinen Regeln befolgt. Und ich kenne keinen "Neoliberalen", der das anders sieht.

    Schließlich sieht Hayek durchaus "unumstrittene Bereiche, in denen das Recht außerstande ist, die Hauptvoraussetzung für die positive Wirksamkeit des freien Wettbewerbs und des Privateigentums zu schaffen, ...". Dort muß der Staat natürlich produktiv werden und öffentliche Güter erzeugen. (Vgl. meinen folgenden Post mit einem Ausschnitt aus Hayeks Buch)

    Auch der Vorwurf, der Markt könne nicht mit einer Pandemie rechnen ist in zweierlei Hinsicht Unsinn. Erstens funktionieren unsere Gesundheitssystem nicht nach marktwirtschaftlichen Logiken und schon gar nicht strikt. Und zweitens, ein Staat kann nämlich auch keine beliebigen Ressourcen für alle solchen Katastrophen Gewehr bei Fuß halten. Um das zu wissen, braucht man eigentlich keinen Hayek.

  4. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor fast 4 Jahre

    Die Sozialisten wollen die Unterschiede in der Schichtung der Gesellschaft vermindern oder aufheben.
    Die Konservativen wollen sie beibehalten.
    Die Neoliberalen kennen keine Schichtung der Gesellschaft, sondern nur verantwortliche, handlungs- und entscheidungsfähige, vollkommen informierte Marktteilnehmer.
    Das Resultat dieser künstlichen Erblindung, dieses crowding-out des gesunden Menschenverstandes mit übersimplifizierten Markt-Mantren, das wir überall beobachten können, ist, dass die Schichtung der Gesellschaft stabilisiert, sogar vergrößert wird und dass man am Ende unter einer Oligarchie lebt, wie dies für die V.S.v.A. bereits konstatiert worden ist.
    Es ist nicht nur so, dass der Markt auf einigen Gebieten versagt (mittel- und langfristiges Denken, Gerechtigkeit, externe Kosten, Spekulations-Instabilitäten, Konjunkturzyklen ...), sondern dass er, sich selbst überlassen, die inhärente Neigung hat, sich selbst zu zerstören - durch Monopolisierung. Interessanterweise ist dies der Elite des kapitalistischen Musterlandes V.S.v.A. schon um 1900 klar geworden, was zu den Anti-Trust-Gesetzen führte.
    Die Ersetzung des Diskurses über die volonté générale durch Ware-Geld-Relationen, die notwendigerweise lokal, momentan und unpersönlich bleiben, ist die Postulierung der Schwarm-Intelligenz als überlegen gegenüber der Modellierung und Diskussion von Sachlagen im Gesamt-Planenden menschlichen Geist. Das ist nicht nur in dieser Allgemeinheit absurd, sondern auch überaus riskant, so wie wenn wir unsere individuellen und kollektiven Entscheidungen einer künstlichen Intelligenz anvertrauen, deren innere Logik wir nicht verstehen, ja, nicht einmal verstehen wollen.
    Diese ist noch dazu mit den Egoismen einer kleinen Schicht unverhältnismäßig mächtiger "Marktteilnehmer" eng verknüpft, die die Entwicklung hin zum Guten-für-Alle umbiegen zum Guten-für-sie-selbst. D.h. der Markt zerstört sich selbst nicht nur durch Monopolisierungstendenzen der Wirtschaftsstruktur, sondern zerstört auch die -immerhin mögliche- implizite Entwicklung des Gemeinwohls zugunsten der Entwicklung des Wohls der 1 % mit Hilfe der politischen Machtkonzentration.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      Nein, die Neoliberalen kennen nicht nur vollkommen informierte Marktteilnehmer - höchstens in den idealisierten ökonomischen Modellen. Ansonsten ist es eben eine Aufgabe des Staates, Informationen bereitzustellen. Nutzen muß es der Mensch schon selber. Und natürlich dürfen Märkte nicht sich selbst überlassen werden. Das ist das Urmantra der Liberalen. Sich selbst überlassene Märkte, Monopole sind Staatsversagen. Und natürlich ist der Staat gefordert die externen Kosten zu regeln - zwischen Verbrauchern und Produzenten. Das ist für Politiker natürlich ein Problem. Das wird teuer. Und wenn ich die jetzige Finanzpolitik sehe, da spekulieren Staaten in einer Größenordnung in die Zukunft, da wird mir Angst. Das Problem, wir kommen aus dem Wechselspiel von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft nicht raus. Es geht immer um Balancen, um Versuch und Irrtum. Der Staat ist da kein Wundermittel ....

    2. Gabriel Koraus
      Gabriel Koraus · vor fast 4 Jahre

      Ich denke auch, dass die liberalen Theoriemodelle ein zu naives Verständnis von Prozessen der Akkumulation von Macht, bzw. von der Kontrolle derselben haben.
      Die notwendigerweise allem rationalen Wirtschaftshandeln zu Grunde liegende Selbstsucht der partizipierenden Akteur:innen gerät in Kombination mit der ungleichen Verteilung von Informationen und materiellen Bedingungen zu einem nur noch schwer, oder aber zumindest aufwendig regulierbarem Phänomen.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Gabriel Koraus Ja natürlich, all die konventionellen Theorien sind im Grunde zu naiv und zu reduziert. Wahrscheinlich kommen wir mit solchen Modellen grundsätzlich nicht mehr weiter. Es braucht Mathematisierung und Modellierung mit Computer und Big Data. Wie auch in der Physik ist die Anschaulichkeit angesichts der Komplexität wohl nicht mehr ausreichend. So sehr wir diese in der gesellschaftlichen Kommunikation brauchen.

      Was mich an dem Artikel eigentlich ärgerte, ist, dass auch hier wieder versucht wird, den Zustand unserer Gesellschaften als geplantes Resultat einer angeblichen politischen Strategie zu sehen - dem sogenannten Neoliberalismus. Die Die Mont Pèlerin Society hat gesiegt. Aber das was wir heute an Vielfalt und Problemen haben hat keiner so gewollt - schon gar nicht ein Liberaler. Und das meiste ist das Gegenteil liberalen Wollens. Wir sehen das Resultat, die wechselseitige Überschneidung, Auslöschung oder Verstärkung sehr unterschiedlicher Strategien und Pläne. Reaktionen auf globale Veränderungen, ungewollte Nebenwirkungen und höchst widersprüchlicher Absichten. Der Versuch dieses Gemenge vor allem als Folge einer auch nur halbwegs konsistenten neoliberalen Strategie darzustellen ist m.E. obernaiv .....

    4. Gabriel Koraus
      Gabriel Koraus · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Da bin ich völlig bei Ihnen: aber Kontingenz und Interdependenz als wesentliche Faktoren (oder eigentlich Anti-Faktoren?) von Entwicklung und Dynamik haben sich ja noch nie gut in das Bedürfnis nach konsistenter Welterklärung eingefügt. Die Theorien, die dies berücksichtigen, gibt es ja: aber sie werden entweder verkürzt oder gleich völlig falsch verstanden (siehe Systemtheorie oder Poststrukturalismus) oder sie gelangen schlichtweg gar nicht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit (siehe die linguistisch-phänomenologische Sprechakttheorie bei John R. Searle, die Strukturationstheorie bei Anthony Giddens, oder die genealogisch-dekonstruktive Methode bei Talal Asad). Aber auch diese Diskrepanz zwischen Spezial- und Allgemeindiskursen ist ja nicht neu.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      @Gabriel Koraus Genau, ich liebe ja Luhmann 😉. Aber es gibt auch die Meinung, das man mit Theorien nicht weiterkommt und statt dessen Modelle bauen sollte. A la Klimamodelle. Wahrscheinlich kann man darin dann auch Theorien über Teilaspekte niedriger Komplexität einbauen. Ist aber alles schwer für den öffentlichen Diskurs rüberzubringen.

    6. Gabriel Koraus
      Gabriel Koraus · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Yap, Luhmann ist exzellent!

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