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geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.
Dieser Tage ist das Gedenken an den Mauerfall vor dreißig Jahren eines der beherrschenden Medienthemen. Ungarn war damals, im Sommer 1989, das bereits freiste Land unter allen unfreien, diktatorischen Ländern Osteuropas, und es war das Land, das mit der Öffnung seiner Grenze zu Österreich und der Entscheidung, flüchtende DDR-Bürger nicht mehr zu verfolgen und auszuliefern, zum beschleunigten Ende der SED-Diktatur beitrug. Vor knapp zehn Jahren begann Viktor Orbán Ungarn auf antidemokratische Weise umzukrempeln und einen illiberalen Staat aufzubauen. Es ist heute das unfreiste aller freien Länder der Europäischen Union. Ein Land, das eine hybride Form eines autoritären Systems hat, ein Land, in dem es formal alle demokratischen Rechte gibt, in dem aber viele Menschen fürchten, ihre Meinung zu sagen, ein Land, in dem man seine Existenz riskiert, wenn man eine nicht Orbán-konforme Meinung hat, ein Land, aus dem viele Menschen fliehen, weil sie das drückende öffentliche Klima nicht mehr ertragen. Mein geschätzter Kollege Stephan Ozsváth, der selbst ungarische Wurzeln hat, viele Jahre lang als ARD-Korrespondent über Ungarn berichtete und auch eine Orbán-Biografie schrieb, hat für die schöne Sendereihe "Gesichter Europas" des Deutschlandfunks ein Porträt Ungarns dreißig Jahre nach dem Umbruch gezeichnet – in fünf Reportagen, die Momentaufnahmen von Menschen im Land sind. Da ist beispielsweise ein ehemaliger Grenzöffner, der heute Orbán-Anhänger ist und Grenzzäune verteidigt, ein Journalist eines kleinen Online-Magazins einer südungarischen Stadt, die bis vor Kurzem fest in Orbáns Hand war, und da sind die jungen Exil-Ungarn in Berlin mit ihrer "Freien Ungarischen Botschaft". Man versteht beim Hören dieser schönen Sendung eines: Selbst wenn es eines Tages gelingt, Orbán abzuwählen (kürzlich erlitten er und seine Partei in den Lokalwahlen eine recht bittere Niederlage), so wird es noch Jahrzehnte dauern, bis in Ungarn wieder demokratische Normalität einkehrt.
Quelle: Stephan Ozsváth Bild: picture alliance/... deutschlandfunk.de
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